In Netzwerken denken

Alle Welt redet von Netzwerken - lässt sich deren Eigenschaften mathematisch erklären? Notizen zur Vortragsreihe "Bestimmen Netzwerke die Evolution und die Wirtschaft?" der Vorarlberger Gesellschaft für Angewandte Mathematik (www.vgam.ac.at), 27.6.2005, Fachhochschule Vorarlberg, Dornbirn.

Notizen zum Vortrag von Prof. Stefan Thurner , Universität Wien: "Evolution-Netzwerktheorie-Innovation"

Mathematiker verstehen Innovation als Co-Evolution. Die Artenvielvalt ändert sich für sie schubweise. Evolutionäre Dynamik ist sichtbar beim Aussterben der Pferdefuhrwerken oder dem Kommunikationsverhalten vor/nach dem Mobiltelefon. Jain hat eine Gleichung itertiert und kommt zu folgendem Schluss: Der Erfolg einzelner Innovationen geht mit der Existenz von autokatalytischen Zyklen einher. Tatsächlich gibt es eine Hyperbolische Funktion, die die Grenze zwischen explosivartigem Wachstum und Stagnation beschreibt. Erfolgreiches Management muss vor allem eines tun: Zyklen (zB Kommunikationskreise) schliessen.

Meine Kritik an diesem Ansatz: Hier wird Innovation mit Evolution erklärt. Der Mensch ist nicht nur ein von seiner Biologie determiniertes Wesen, sondern ein Wesen mit Kultur, Bewusstsein, Reflexionsfähigkeit und Gesellschaft. Als solches kann er seine Geschichte in die Hand nehmen und seine Gesellschaft so formen, wie er sie nun einmal haben will. Wer also eine Gesellschaft des "survival of the fittest" als natürlich betrachtet, macht damit in Wirklichkeit keine Aussage über die Beschaffenheit der Welt, sondern über jene Gesellschaft oder Wirtschaft, die er/sie haben möchte. Womit wir auch zu Formen der Innovation gelangen, die nicht notwendigerweise wachstumsorientiert, also explosionsartig sind.


Notizen zum Vortrag von Dr. Harald Katzmaier, Head of Research and Business, FAS.research-Network Analysis for Science and Business, Wien (www.fas.at, Vortragsunterlagen: http://www.vgam.ac.at/VortragKatzmaier20050627.pdf): "Exzellente Netzwerke in der Wirtschaft und im Geschäftsleben"

Wissenschaft von Social Networking analysiert zum Beispiel die Beziehungsebenen, etwa zwischen Aufsichtsräten von österreichischen Unternehmen. Typische Frage bei der Untersuchung von Organisationen auf deren Netzwerkleistung: Woher kommen Deine Inputs? Diese sollten vor allem auch innerhalb der Organisation ausgetauscht werden.

Social Network Analysis im Wirtschaftsbereich geht der Frage nach: From Contact to Contracts. Netzwerke bestehen zunächst aus Kanälen, über die Values ausgetauscht werden oder potentiell können. Netzwerke können wiederum selbst Kanäle sein. Zwei Grundtypen von Netzwerken: In robusten Netzwerken haben alle gemeinsame Partner. Beziehungen auf der dyadischen Zweierebene sind nicht robust. In Zugangsnetzwerken pflegt jemand mit mehreren Netzwerken Kontakt, welche untereinander nicht verknüpft sind: diese sind effizient, aber verletzlich. Exzellente Netzwerke haben beide Strukturelemente vereinigt: ein inneres Netzwerk, das auf andere Netzwerke zugreift.

Zentral im Netzwerk ist, wer viele Kontakte hat, schneller als andere ist und Kontrolle über den Informationsfluss hat. Key Player in Österreich sind die Raiffeisen Zentralbank, die österreichischen Lotterien GmbH und die Österreichscihe Kontrollbank; Hr Dr. Scharinger von der Raika OÖ ist die zentralste Aufsichtsratfigur, der in der Zweischrittumgebung 1900 Personen erreicht. Teerag Astag erreicht über einen Handshake 23, über zwei 168 Firmen.

Nutzen: Wer soll als key-account betreut werden? Wie kann man triangle-sales aufbauen? Structure of gaining trust aufbauen. Einladungslisten etc. Innovative neue Produkte (Handies, etc) werden vor allem in Büronetzwerken aufgenommen. zB bei Mobilfunkbetreibern Abkehr vom Giesskannenmarketing zu geografischem Bridge-Marketing, wo Netzwerke nicht ausgeprägt. Präferenznetzwerke im Internet (zB Bücher, Musik) prägen Präferenzcluster aus. Im Mittelpunkt bei Amazon steht: Six Degrees: The Science of a Connected Age.

Also weniger Statistik in der Meinungs- und Marktforschung, sondern mehr Netzwerkanalyse betreiben, Cluster und die üblichen Verdächtigen identifizieren. Damit Cross Selling Intelligence aufbauen: wer das (Produkt, Marke, Thema, Freizeit, Kultur) mag, mag auch jenes. Im kleinem Bereich (zB KMUs) ist ein geeignets Modell die Schneeballanalyse, also eine Frage stellen und ein Nominationsnetzwerk (zb mit free software visom(?)) visualisieren. Kleinunternehmen (oder auch Arbeitslose) benötigen robuste soziale Infrastruktur, um weiterzukommen. Diese Netzwerke zu stärken, sollte vorrangiges Ziel der Politik sein.